Geschichte des Buddhismus

Siddharta Gautamas Erwachen zum Buddha Shakyamuni


Die Entstehung der buddhistischen Lehre geht auf Siddharta Gautama, den Buddha (Erwachten) zurück. Er wurde 563 v. Chr. in Lumbini im heutigen Grenzgebiet von Indien und Nepal als Sohn eines Rajas (Königs) aus dem Hause der Shakyas geboren und wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf. Bereits bei seiner Geburt prophezeiten einige Priester ihm Bedeutendes in seinem Leben. Sein Vater erzog ihn sehr abgeschirmt von der äußeren und der spirituellen Welt, vor allem auf eine Laufbahn als sein Nachfolger bedacht. Im Alter von 16 Jahren wurde er vermählt, 13 Jahre später wurde sein Sohn geboren.

Trotzdem erkannte Siddharta, als er den Palast immer häufiger zu verlassen begann, dass sein weltliches Wissen und sein Reichtum nichts zur Linderung des menschlichen Leidens angesichts von Krankheit, Altern und Tod beitragen konnten. Die Begegnung mit einem in Meditation ruhenden Mönch löste in ihm den Entschluss aus, sein weltliches Leben am Fürstenhof hinter sich zu lassen. Er entschied sich für den Weg nach Innen, die Entwicklung seiner inneren Fähigkeiten und die Überwindung des Leidens.

In dieser Zeit war Indien in viele kleine Fürstentümer und Königreiche zerfallen. Adelige und Geistliche kämpften um Macht im System der Kasten, die Wirtschaft blühte. Es entstanden zahlreiche Schulen, die Willensfreiheit und Gleichberechtigung verkündigten und am Kastensystem und der Lehre von Karma und Wiedergeburt rüttelten. Diese Bewegungen bereiteten den Boden für den Buddhismus.

Als Siddharta Gautama seine Familie verließ, übte er sich vorerst in Askese und zog schließlich als Bettelmönch durch das Land. Er erkannte jedoch, dass ihn auch das Extrem der totalen Entsagung nicht näher an sein Ziel brachte. Daher entschloss er sich, den „Weg der Mitte“ zu gehen und durch die Meditation sein inneres Potential zu entfalten.

Unter einer Pappelfeige, dem Bodhi-Baum (Baum der Erleuchtung), in Uruvela (im heutigen Bodhgaya, Indien) erlangte er Erleuchtung. Damit verwirklichte er den Zustand der Buddhaschaft, des Erwachten. Er hatte alle leidbringenden Gefühle und Verhaltensweisen und seine Unwissenheit überwunden, sowie die Qualitäten des Geistes voll und ganz entfaltet. Durch sein Beispiel zeigt er, dass Jede und Jeder unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialem Umfeld oder Kultur, das Potential zur Erleuchtung besitzt und es bei entsprechendem Geistestraining auch selbst entfalten kann. Er zeigte einen Weg zum Ausstieg aus dem endlosen Rad der Wiedergeburten, für ein Leben in Mitgefühl und Liebe und frei von Verlangen.

Etwa zwei Monate nach seinem Erwachen begann Buddha Shakyamuni mit seiner Lehrtätigkeit, die er mehr als 45 Jahre lang bis an sein Lebensende fortsetzte. Er gründete eine Gemeinschaft, eine Sangha, wie auch buddhistische Mönchsorden noch heute genannt werden. Buddha erreichte mit seinen Lehrreden aber auch zahlreiche Menschen aller Bevölkerungsschichten, die nicht dem Mönchsorden beitraten. Darunter waren Kastenlose ebenso wie reiche Kaufleute und Könige. Er selbst sprach sich gegen die Einteilung der Bevölkerung in Kasten und die damit verbundenen großen sozialen Unterschiede und Hindernisse aus. Buddha starb im Alter von etwa 80 Jahren in Kusinara in einem Hain voll blühender Bäume. In die Zeit seines Wirkens fiel die Blütezeit der indischen Kultur in spirituell-philosophischer Hinsicht.

Lehrreden Buddhas und seiner Mönche, historisches Material über den Buddha und die Entstehung der Mönchsorden sowie ihrer Regeln finden sich im „Pali-Kanon“, dem buddhistischen Quellentext.

Buddhas Nachfolger und die Verbreitung der Lehre


Der Legende nach versammelte Buddha Shakyamuni kurz vor seinem Tod seine Mönche um sich und drehte schweigend eine Lotusblume zwischen seinen Fingern. Alle Mönche, bis auf Mahakashyapa, waren ratlos. Mahakashyapa hingegen lächelte und verstand wortlos. Daraufhin erklärte Buddha, dass seine Weisheit und sein Geist nun auf Mahakashyapa übergegangen seien. Damit wurde das Rad der Buddha-Lehre (Dharma) in Bewegung gesetzt und Mahakashyapa der erste buddhistische Patriarch. Diese Geschichte hat im späteren Chan(=Zen)-Buddhismus eine große Bedeutung. Da das Wesentliche der Lehre nicht schriftlich zu fixieren ist, wurde sie fortan immer persönlich von Lehrer zu Schüler weitergegeben.

Zur Verbreitung der Lehren Buddhas hielten die Mönche auch Konzile ab, das erste bereits vier Monate nach Buddhas Tod. Beim zweiten Konzil, etwa 100 Jahre später, spaltete sich der buddhistische Orden in zwei Hauptrichtungen, aus denen sich später der Hinayana- und der Mahayana-Buddhismus entwickelten. Hinayana bedeutet „das kleine Fahrzeug“. Da Anhänger des Mahayana, des „großen Fahrzeuges“ meinten, ihre Ziele seien größer als die, der Anhänger des Hinayana, der alten Weisheitsschule. Beim Hinayana wünscht sich der oder die Übende persönlich die Befreiung von allem Leiden. Die einzige noch verbliebene Schule des Hinayana ist der Theravada-Buddhismus („Lehre des Alten“), der mehr auf Mönchsorden ausgerichtet und strenger, asketischer ist. Wer allen Wesen die Erlösung vom Leiden wünscht und selbst dafür die Verantwortung übernimmt, wird zum Mahayana gezählt. Das Mahayana, das mehr auf die Bedürfnisse der Menschen außerhalb des Klosters zugeschnitten ist, zeigt eine Tendenz zur Verbildlichung, Vergegenständlichung und Ritualisierung, die sich in zahlreichen Mythen, Legenden und der bildenden Kunst ausdrücken. Hierher gehören auch die zahlreichen Buddhas und Bodhisattvas (Schutzgeister), die den Menschen auf seinem Weg zur Erleuchtung unterstützen.

Dem „großen Fahrzeug“ ordnet man auch den Vajrayana (den Tibetischen Buddhismus) zu, der im tantrischen Buddhismus wurzelt und manchmal als dritte Hauptrichtung des Buddhismus bezeichnet wird. Vajra bedeutet einerseits „Donnerkeil“, anderseits „Diamant“. Der Donnerkeil durchbricht die Wolken der Unwissenheit und Unbewusstheit, der Geist gewinnt an Klarheit und Schönheit, das Bewusstsein wird rein, strahlend und unzerstörbar wie ein Diamant und reflektiert alle Farben des Spektrums. Alttibetische Gottheiten wurden in den Tibetischen Buddhismus integriert. Aus der ursprünglichen Bön-Religion des Landes stammen die unzähligen Geister und Dämonen dieser buddhistischen Richtung. Zu den zahlreichen Schutzgottheiten (Bodhisattvas) zählen z.B. Tschenresi und Tara, ein weiblicher Bodhisattva. Praktische Übungen und eigene Erfahrungen werden im Tibetischen Buddhismus als wesentlich betrachtet. Hier finden sich zahlreiche Entspannungsübungen, Atemtechniken, Yoga, Visualisierungen, Körperarbeit, Energiearbeit, Tönen etc. Darüber hinaus wird die Sexualkraft als Weg der Vereinigung der Polaritäten im tantrischen Weg mit einbezogen.

Der Tantrismus stammt ursprünglich aus Nordost-Indien und stand außerhalb organisierter Religionsformen. Er fand sowohl im Hinduismus, als auch im Buddhismus Eingang. Allen Übungen liegt die Idee zugrunde, dass der menschliche Körper ein Energiefeld besitzt. Energie ist Schwingung, Klänge und Farben. Vorstellungen und Bilder sind Schwingung und damit Energie. Auch Denken ist Energie und zeigt energetische Wirkung, auch auf den Körper. Das Wissen um diese Energielehre wird auch in der Heilkunde eingesetzt. Das System der feinstofflichen Körper (Aura), Energiezentren (Chakren) und Energiekanäle (Nadis) findet sich u.a. in der chinesischen Medizin wieder als Wissen über Energieleitbahnen (Meridiane) und Akupunkturpunkte.

Der Unterschied zwischen den einzelnen Strömungen und Wegen des Buddhismus liegt in der Art und Weise, wie die Buddhaschaft erreicht wird. Was einen Buddha von einem Menschen unterscheidet, ist, dass sich der Buddha seiner Buddhaschaft bewusst ist, der Mensch jedoch nicht. Bei ihm liegt sein wahres erleuchtetes Wesen noch im Unbewussten, hinter dem Schleier der Illusion des irdischen Lebens. Der erwachte Mensch erkennt sich als schöpferisches Wesen und als Gestalter seiner eigenen Wirklichkeit.

Während der Regierungszeit des Kaisers Ashoka (268-232 v. Chr.) verbreitete sich der Buddhismus über ganz Indien und weit darüber hinaus. In diese Zeit fiel auch das dritte buddhistische Konzil. Asoka, vor seiner Bekenntnis zum Buddhismus ein rücksichtsloser Eroberer, machte durch die Verwirklichung der buddhistischen Prinzipien eine große Wandlung durch und führte sein Land durch Gewaltlosigkeit und Friedfertigkeit zur kulturellen Blüte. Er ließ Klöster und Heiligtümer bauen und sandte Mönche in alle Himmelsrichtungen aus. Zu Asokas Zeit wurde u.a. Ceylon, das heutige Sri Lanka, zu einem wichtigen Zentrum des Buddhismus. Hier wurden im ersten Jahrhundert vor Christus die mündlich überlieferten Texte des Theravada-Buddhismus in Pali-Sprache auf Palmblättern niedergeschrieben (Pali Kanon). Die Theravada-Lehre wurde darüber hinaus in Burma, Kambodscha, Laos und Thailand verbreitet, der Mahayana-Buddhismus fasste in China, Indonesien, Japan, Tibet und Vietnam Fuß.

In Indien wurde der Buddhismus zum Teil mit dem älteren hinduistischen Gedankengut verschmolzen. Buddhistische Religionskriege gab es nie. Während der Invasion der Moslems in Indien um 1000 n. Chr. wurden viele buddhistische Klöster zerstört, Bücher verbrannt und Mönche getötet. Damit wurde der Buddhismus in seinem Ursprungsland seiner geistigen Zentren beraubt. Heute ist nur noch weniger als 1% der indischen Bevölkerung buddhistisch.